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Es gibt keinen Mangel an Pflegefachkräften

Pflegefachkraftmangel?

Lügt hier jemand oder sind einfach einige Tatsachen nicht bekannt

Zuest einmal zu den vielen Argumenten. Es ist kurz gesagt kurzsichtig, den Mangel an Pflegefachkräften ausschließlich auf zu niedrige Gehälter, mangelnde Anerkennung und schlechte Arbeitsbedingungen zu reduzieren. Keiner dieser vermeintlichen Gründe allein erklärt die Situation vollständig, und es gibt kausale Zusammenhänge, die weit über diese situativen Argumente hinausgehen.

Eine seriöse Recherche muss immer die extrinsischen, intrinsischen und historischen Variablen berücksichtigen: von äußeren Einflüssen über persönliche Motivationen bis hin zur geschichtlichen Entwicklung in den gesellschaftlichen Kulturen. Sicherlich gibt es weitere Perspektiven, wie die Auswirkungen der Zunahme des Mangels und natürlich die Metaebene, da alle Merkmale sich gegenseitig beeinflussen.

Ein Beispiel aus dieser Metaebene: Die Zunahme des Mangels führte zu Engpässen, was wiederum zu einer Überlastung des Personals führte. Dies wiederum führte zu einer Verdichtung der Arbeitslast, für die viele Einrichtungen nicht gerüstet waren, und die Ursachen wurden schlichtweg ignoriert oder freundlich ausgedrückt “nicht erkannt”. In dieser Wirkungskette leidet am Ende der Patient. Und dass sind Sie und ich in ein paar Jahren.

Seit 12 Jahren werben wir Pflegefachkräfte, Auszubildende und andere Fachkräfte für namhafte Einrichtungen an. 90 % davon bringen wir aus dem Ausland, insbesondere von den Philippinen, nach Deutschland. Ca. 600 Fachkräfte haben wir erfolgreich vermittelt. Als Psychologe, Personalverantwortlicher und Kulturexperte beschäftige ich mich zudem seit über 40 Jahren mit den Kulturdimensionen verschiedener Nationen. Wer kennt den Unterschied zwischen einem Klischee und einer Kulturqualität? Man kann also davon ausgehen, dass wir den Markt und die Zusammenhänge recht gut verstehen.

 

Die Recherche zm Fachkräftemangel

Nach Gesprächen mit Hunderten von Pflegehelfern bis hin zu hochqualifizierten Intensivpflegefachkräften sind wir von einer Tatsache überzeugt, die ich jetzt provokativ ausdrücken möchte: Pflege ist einfach nichts für uns Deutsche. In einer unserer internen Studien wurde eine Frage beinahe zu 82,9 % negativ oder mit “ungern und nur wenn es unbedingt mein Job erfordert” beantwortet: “Wie ist Ihre Einstellung dazu, die Gesäßregion eines fremden Mitmenschen zu waschen?” Nur 12,5 % antworteten: “Ich habe damit kein Problem; es gehört einfach zu meinem Job.” Ähnliche Fragen zu Kulturqualitäten wurden auch in anderen psychosozialen Studien weltweit gestellt. Daraus ergeben sich die Kulturdimensionen eines Landes, und wiederum können die Klischees bestätigt werden, die im Laufe der Zeit in der Gesellschaft entstanden sind. (Deutsche tragen Lederhosen und trinken Bier).

Es ist kein Klischee, dass in allen Studien Deutsche als die Nationen mit den geringsten Ambitionen für den direkten Dienst am Menschen auffallen. Wir organisieren gerne, leiten ein, delegieren gerne, aber wir mögen es nicht, direkt am Menschen zu arbeiten. Fragen Sie in einer normalen Schulklasse, in der noch keine festen Vorstellungen über den Beruf oder das Einkommen bestehen, und Sie werden nur sehr wenige finden, die diesen Beruf ergreifen wollen.

Beachten Sie die Entwicklung bei den Pflegefachschulen: Im Schwäbischen gab es einmal eine Pflegefachschule mit drei großen Schulgebäuden. Seit nunmehr 10 Jahren stehen zwei davon leer. Es wurde auch ermittelt, wie viel Pflegefachkräfte verdienen müssten, damit der Beruf attraktiv wird. Die Schweiz zahlt bis zu 8500 Franken an Gehalt und hat dennoch ein riesiges wachsendes Problem: Pflegefachkräftemangel. Die Kulturdimensionen wenn es um den Dienst am Menschen geht, sind in der Schweiz nicht so weit von den unseren entfernt.

In der öffentlichen Diskussion konzentriert sich alles auf Gehalt und Arbeitsbedingungen.

Wenn ich hier also meine Kritik anbringe, was ist dann meine Lösung für dieses Dilemma? Wenn meine Schritte erfolgreich sind, wird an vielen Stellen nicht mehr über schlechte Arbeitsbedingungen gesprochen werden müssen, da diese sich auflösen, sobald genügend Fachkräfte vorhanden sind. Meine Lösungsvorschläge sind:

1. Anerkennung, dass wir Deutschen die Pflege nicht gerne mögen.
2. Drastische Reduzierung der Anzahl von Patienten pro Pfleger.
3. Bessere Bezahlung für diejenigen, die den Beruf mögen.
4. Einführung einer Viertagewoche für Pflegefachkräfte.
5. Die Anwerbung von Pflegefachkräften aus dem Ausland zum zentralen Lösungsansatz machen.
6. Entfernung von mindestens 90 der 100 Hindernisse für anwerbende Agenturen (ein dezidiertes Controlling genügt).
7. Die Unterstützung von Agenturen sollte massiv erhöht werden, damit sie Fachkräfte aus dem Ausland leichter anwerben können.

Leider werden wir jedoch jedes Jahr mit neuen Hürden konfrontiert. Jede Revision des Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes klingt in der Theorie wunderbar, hat aber in der Praxis weitere Probleme mit sich gebracht. Es gibt zahlreiche Geschichten, die dies verdeutlichen könnten.

Doch das wäre ein Thema für einen separaten Artikel über die Kulturdimensionen in Behörden.